Nicht stehenbleiben, weiterlaufen. Wenn ich die Sportsachen trage, die Laufschuhe an den Füßen, gibt es solche Momente. Augenblicke, in denen es anstrengend ist, in denen der Körper lieber anhalten und verschnaufen würde. Dann laufe ich weiter. Das passt zu mir. Stehenbleiben ist nicht mein Ding.
Obwohl ich nun schon lange in Dresden wohne und die Stadt mein Zuhause geworden ist, stamme ich eigentlich aus Torgau. Geboren 1985, bin ich dort im Plattenbauviertel aufgewachsen. Meine Kindheit war nicht immer einfach. Meine Eltern trennten sich. Aus der Einsenschreiberin, die ich anfangs noch war, wurde in der Pubertät eine Rebellin – die leider nicht erkannte, wie wichtig ein guter Schulabschluss ist. Die Schule verließ ich nach der neunten Klasse mit einem Hauptschulabschluss. Ich war enttäuscht von mir selbst, denn ich wusste, eigentlich kann ich mehr.
Ich machte eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin und war später Ausbilderin in diesem Beruf für Jugendliche, die auf dem 1. Arbeitsmarkt keine Chance haben. Doch ich wollte nicht stehenbleiben. Drei Jahre lang ging ich deshalb aufs Abendgymnasium, um mein Abitur nachzuholen. Nachdem mein Mann und ich 2009 eine Tochter bekommen hatten, entschied ich mich mit 24 Jahren für ein Studium der Volkswirtschaftslehre. Ein Kraftakt, weil ich nebenbei arbeitete. Doch heute habe ich den Abschluss in der Tasche und bin als Projektleiterin im Medienbereich tätig.
Was mir all das gezeigt hat: Im Leben kann ich nichts erreichen, wenn ich mich nicht anstrenge oder nur meckere. Das prägt heute auch mein politisches Leben. Ich quatsche nicht lang rum, ich mache einfach. Seit Februar 2003 bin ich SPD-Mitglied. Demokratie lebt von Partizipation, lebt davon, dass sich Menschen engagieren. Ich gebe zu: Das macht Demokratie auch schwer. Aber es ist die Chance, Dinge mitzugestalten. Unsere Stadt, unser Land zu einem Ort zu machen, in dem ich gern lebe.
Im Ortsbeirat Loschwitz bin ich seit 2013 aktiv, zwei Jahre später wurde ich Stadträtin. Offen gestanden, hatte ich damals gar nicht damit gerechnet. Ich war jedoch bereit, Verantwortung zu übernehmen und mein Bestes für die Bürger zu tun. Die schönsten Termine sind immer die, wenn ich bei den Dresdnern zu Hause auf der Couch sitze und wir über ihre Probleme und Wünsche sprechen. Dann weiß ich immer: Genau deshalb mache ich das alles.
Natürlich ist die Stadtratsarbeit nicht immer einfach. Es wird viel diskutiert, manchmal auch lautstark gestritten. Ab und an sitze ich daneben und schäme mich für die Kollegen und die ewig langen Debatten. Ich versuche in solchen Situationen auf der Sachebene zu bleiben, zu erklären, zu hinterfragen. Doch jeder Schritt zurück, birgt auch eine Chance. Also bleibe ich dran, kämpfe unter anderem als wirtschaftspolitische Sprecherin für meine Themen, wie zum Beispiel den Antrag für eine regionale Fachkräftestrategie. Der bekam am Ende fraktionsübergreifend Zustimmung.
Es gibt in Dresden noch viel zu tun, noch viele Dinge, die wir dringend anpacken müssen. Deshalb werde ich auch in Zukunft nicht stehenbleiben. Das passt einfach nicht zu mir.